Kirchenaustritt als Kündigungsgrund?

Im kirchlichen Arbeitsrecht sind einige Besonderheiten zu beachten.
Kirchliche Arbeitgeber verlangen von ihren Arbeitnehmern, dass sich diese den Glaubenssätzen der Kirche anpassen und den Vorstellungen von Moral und Glauben der Kirche entsprechen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich aktuell damit zu befassen, ob ein Arbeitnehmer Mitglied der arbeitgebereigenen Kirche sein muss und ein Austritt des Arbeitnehmers aus der Kirche den Arbeitgeber zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt.
Diese Frage hat das BAG nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt (Az. 2 AZR 196/22).
Mit Spannung wird die Beantwortung der Frage erwartet.
Wir werden berichten…

fristlose Kündigung wegen Beleidigung in WhatsApp-Gruppe

Nach neuester Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts riskiert ein Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung, wenn er einen Vorgesetzten in einer privaten Chat-Gruppe massiv beleidigt, auch wenn die Inhalte innerhalb der Chat-Gruppe verbleiben und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.
Das Bundesarbeitsgericht hat hier anders als die Vorinstanz entschieden, welche annahm, dass es innerhalb der Gruppe eine „berechtigte Vertraulichkeitserwartung“ gäbe, dass die geschriebenen Inhalte nicht an Dritte weitergetragen werden.
Für diese Annahme bestehe jedoch kein Raum, so das Bundesarbeitsgericht, wenn sich eine Person in stark beleidigender und/oder menschenverachtender Form über den Arbeitgeber oder Arbeitskollegen äußert (BAG, Urteil vom 24. August 2023 – 2 AZR 17/23).

BAG zum Thema Arbeit auf Abruf

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einer seiner neuesten Entscheidungen mit dem Thema Arbeit auf Abruf beschäftigt.

Der klagende Arbeitnehmer machte gerichtlichen einen Anspruch auf eine gewisse Mindestarbeitszeit und entsprechende Beschäftigung durch den Arbeitgeber geltend.
Der Arbeitsvertrag sah keine Regelung zur wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit vor. In der Vergangenheit hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in drei aufeinander folgenden Jahren im Durchschnitt jeweils über 100 Arbeitsstunden im Monat beschäftigt.
Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, dass daraus ein Anspruch entstanden sei, auch zukünftig in diesem zeitlichen Umfang beschäftigt zu werden.
Dem erteilte das BAG nun eine Absage und bezog sich auf § 12 Abs. 1 TzBf, wonach eine Stundenzahl von 20 Wochenstunden als vereinbart gilt, wenn die Dauer der Arbeitszeit vertraglich nicht geregelt ist.
Auch die Tatsache, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung in den vergangenen Jahren in einem größeren Umfang abgerufen hat, begründet nach der Rechtsprechung im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung noch keine entsprechende vertragliche Absprache.

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BAG zur Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

In unserem letzten Beitrag Verjährung von Resturlaub haben wir darüber berichtet, dass Resturlaubsansprüche verjähren können.
Im bestehenden Arbeitsverhältnis gilt dies jedoch nur, wenn der Arbeitgeber explizit auf den drohenden Verfall hinweist und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit bietet, seinen Urlaub auch zu nehmen.

Im beendeten Arbeitsverhältnis verhält es sich hingegen anders:
Hier wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen finanziellen Abgeltungsanspruch. Dieser Anspruch verjährt innerhalb einer Verjährungsfrist von drei Jahren mit Schluss des Jahres, in welchem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Januar 2023 – 9 AZR 456/20).

Grundlage des Urteils des BAG war ein Fall, bei dem das Arbeitsverhältnis vor dem 06.11.2018 endete.
Da der EuGH hier eine Änderung der Rechtsprechung vollzogen hatte, war hier hinsichtlich der einzelnen Urlaubsjahre zu differenzieren und es kam zu einem, auf den ersten Blick kuriosen Ergebnis:
Urlaubsansprüche von 2010 bis 2014 waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahre 2019 noch nicht verjährt, die Ansprüche aus 2015 hingegen schon.
Die Einzelheiten ersparen wir Ihnen an dieser Stelle, da eine solche Konstellation in zukünftigen Fällen nicht mehr auftreten kann.

Als Fazit sollte man Folgendes mitnehmen:

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Jahre 2020 oder später geendet hat, haben noch die Möglichkeit, Resturlaubsansprüche von ihrem „alten“ Arbeitgeber einzufordern und eine finanzielle Abgeltung zu verlangen.
Uns ist kein Fall aus der Praxis bekannt, in welchem Arbeitgeber bis Ende 2018 ihrer Hinweis- und Mitwirkungspflicht im Hinblick auf den möglichen Verfall genügt hätten.
Es bestehen somit gute Chancen, auch noch Jahre nach Ende eines Arbeitsverhältnisses nicht gewährten Urlaub klageweise geltend zu machen.

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Oliver Offermann
Rechtsanwalt

Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Urlaubsrecht – BAG: Urlaubsansprüche unterliegen der Verjährung

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner neueren Urteile zum Urlaubsrecht entschieden, dass Urlaubsansprüche wie andere Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis grundsätzlich der Verjährung unterliegen und hat damit seine Rechtsprechung unter Zugrundelegung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs fortentwickelt (BAG, Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20).

Die Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche beträgt drei Jahre.
Sie beginnt jedoch erst ab dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Arbeitgeber seine Hinweis- und Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Gewährung des Urlaubs erfüllt hat.
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer über dessen konkreten Urlaubsanspruch in Kenntnis und in die Lage versetzen, den Urlaub entsprechend zu nehmen.
Ferner muss der Arbeitgeber auf einen möglichen Verfall nach dem Bundesurlaubsgesetz zum Schluss des jeweiligen Urlaubsjahres bzw. 31.03. des Folgejahres hinweisen.
Tut der Arbeitgeber dies nicht, verfällt und verjährt der Urlaub nicht, so dass Resturlaubsansprüche im Grunde genommen ewig geltend gemacht werden können, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist.
Hierüber werden wir in einem weiteren Beitrag berichten.

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Oliver Offermann
Rechtsanwalt

Arbeitnehmer verweigert Mund-Nasen-Schutz – fristlose Kündigung rechtens

Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Arbeitsnehmers, der sich beharrlich weigert, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, gerechtfertigt ist (Urteil vom 17.06.2021 – 12 Ca 450/21).
In dem vorliegenden Fall konnte der Arbeitnehmer sogar ein ärztliches Attest vorweisen, demzufolge er von dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit war.
Dies reichte dem Arbeitsgericht Köln nicht aus, da das Attest keine korrekte Diagnose des Krankheitsbildes des Arbeitnehmers enthielt und bereits 6 Monate alt war.
Das Gericht verwies insbesondere auf die gesundheitlichen Risiken in der, so wörtlich, „Pandemiehochphase“ im Januar 2021, die mit dem Nichtttragen des Mund-Nasen-Schutzes verbunden gewesen wären.
In Anbetracht einer vorherigen Abmahnung, die der Arbeitnehmer bereits zuvor wegen der Weigerung des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes erhalten hatte, hielt das Arbeitsgericht Köln die fristlose Kündigung für rechtens.

Anmerkung:
Angesichts zahlreicher wissenschaftlicher Studien, die die Wirksamkeit des Tragens von Masken zur Prävention gegen das Coronavirus in Frage stellen, halte ich das Urteil in seiner Begründung nicht für ausreichend und tragfähig.
Nicht bekannt ist, ob das Gericht den Arbeitnehmer im Rahmen der Prozessführung rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass es das ärztliche Befreiungsattest als nicht ausreichend begründet ansieht.
Es bleibt abzuwarten, wie ähnlich gelagerte Fälle von anderen Arbeitsgerichten, insbesondere den Landesarbeitsgerichten, zukünftig entschieden werden.

Oliver Offermann
Rechtsanwalt

Müssen Überstunden bezahlt werden?

Häufig enthalten Arbeitsverträge Klauseln, wonach eine bestimmte Anzahl an Überstunden in dem Grundgehalt enthalten sind.
Eine solche Pauschalabgeltung in einem Formulararbeitsvertrag ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht unbegrenzt möglich.
Bei einer Vollzeittätigkeit des Arbeitnehmers hat das BAG beispielsweise entschieden, dass bis zu 20 Überstunden pro Monat in dem monatlichen Gehalt enthalten sein dürfen und nicht zusätzlich vergütet werden müssen (BAG Urteil vom 16.5.2012, 5 AZR 331/11).
Ab welcher wöchentlichen oder monatlichen Pauschalabgeltung von Überstunden mit dem Gehalt von einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers auszugehen ist, ist immer eine Frage des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Höhe der Vergütung sowie der Betriebs- und Branchenüblichkeit der Überstundenbezahlung.
Eine Regelung im Arbeitsvertrag, die eine grundsätzliche und unbeschränkte Abgeltung von Überstunden vorsieht, ist aber in jedem Falle unwirksam.
Eine Abgeltung von drei Stunden wöchentlich oder zehn Stunden monatlich wird in der Praxis häufig vereinbart und dürfte einer rechtlichen Prüfung standhalten.
Viele Arbeitsverträge, die in der Praxis nahezu ausnahmslos vom Arbeitgeber vorformuliert sind, enthalten unwirksame Klauseln zur Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Überstunden, soweit sie vom Arbeitgeber angeordnet wurden, vergütungspflichtig sind und der Arbeitnehmer ein Recht auf Bezahlung hat.
Oftmals lohnt es sich, den Arbeitsvertrag im Hinblick auf die Vereinbarungen zu Überstunden rechtlich prüfen zu lassen.

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

LAG Düsseldorf: kein Urlaub bei „Kurzarbeit-Null“

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass Arbeitnehmer in Zeiten von „Kurzarbeit-Null“ keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 BUrlG erwerben.
Aufgrund der Corona-Pandemie und damit verbundener Arbeitsausfälle haben viele Arbeitgeber Kurzarbeit mit ihren Arbeitnehmern vereinbart und bei der Agentur für Arbeit angemeldet.
Der Arbeitgeber sei befugt, den Urlaub für jeden vollen Monat der Kurzarbeit um ein Zwölftel kürzen.
Dies gilt ausdrücklich nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit vollständig ruht und dem Arbeitnehmer keinerlei Arbeitspflichten obliegen.

Das Gericht führt aus, dass der gesetzlich vorgesehene Urlaub den Zweck verfolge, dass der Arbeitnehmer sich erholen kann.
Dieses Bedürfnis besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist.
Zur Begründung verwies das Gericht auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht.
Das LAG hat die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ausdrücklich zugelassen, da das BAG über diese Rechtsfrage noch nicht entschieden hat.
Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG mit dieser Rechtsfrage in naher Zukunft befassen wird.
Wir werden berichten…

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

Home-Office-Pflicht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Am 22.4.2021 hat der Gesetzgeber unter Bezugnahme auf die Corona-Pandemie bekanntlich weitreichende gesetzliche Änderungen vorgenommen.
Eine Regelung zur Home-Office-Pflicht hat nun Einzug in das Infektionsschutzgesetz gehalten. Der neu eingefügte § 28b sieht in Absatz 7 folgende Regelung vor

„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. (…)“

Es bleibt abzuwarten, wie diese Pflicht des Arbeitgebers, Home-Office einzuführen und entsprechende Heimarbeitsplätze für seine Arbeitnehmer einzurichten, künftig von den Arbeitsgerichten mit Leben gefüllt wird.
Spannend ist insbesondere die Frage, was unter zwingenden betriebsbedingten Gründen zu verstehen ist und wie die Arbeitsgerichte diesen unbestimmten Rechtsbegriff auslegen werden.
Unsere erste Klage auf Einführung von Home-Office ist unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes bereits vor dem Arbeitsgericht Aachen anhängig.
Wir werden zu gegebener Zeit über den Fall berichten…

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

 

 

Continental in Aachen: Werk schließt ein Jahr später als geplant

Die Unternehmensführung von Continental hat beschlossen, dass die zum 31.12.2021 geplante Werkschließung um ein Jahr hinausgeschoben wird.
Wir haben im letzten Jahr hierüber berichtet. https://rechtsanwalt-offermann.de/continental-schliesst-werk-in-aachen/

Das Unternehmen nimmt man offenbar Abstand von der zum Ende des laufenden Jahres beabsichtigten Betriebsstilllegung und hat mit dem Betriebsrat und der IG BCE eine Betriebsvereinbarung geschlossen.
Der Produktionsbetrieb in Aachen wird laut Continental Ende 2022 geschlossen.
Die ausgehandelte Betriebsvereinbarung beinhaltet unter anderem einen Interessenausgleich, einen Sozialplan, ein Freiwilligenprogramm sowie zwei ergänzende Haustarifverträge.
Im Sozialplan sind Abfindungszahlungen vorgesehen, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Alter des Betroffenen, den Unterhaltsverpflichtungen sowie weiteren persönlichen Merkmalen richtet.
Betriebsbedingte Kündigung sollen laut Gewerkschaft und Betriebsrat möglichst vermieden.
Die Belegschaft wurde in einer Betriebsversammlung am 27.04.2021 unterrichtet.
Wir beraten Sie gerne, was der Sozialplan für Sie individuell bedeutet und welche Abfindung Sie zu erwarten haben.

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt