Home-Office-Pflicht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Am 22.4.2021 hat der Gesetzgeber unter Bezugnahme auf die Corona-Pandemie bekanntlich weitreichende gesetzliche Änderungen vorgenommen.
Eine Regelung zur Home-Office-Pflicht hat nun Einzug in das Infektionsschutzgesetz gehalten. Der neu eingefügte § 28b sieht in Absatz 7 folgende Regelung vor

„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. (…)“

Es bleibt abzuwarten, wie diese Pflicht des Arbeitgebers, Home-Office einzuführen und entsprechende Heimarbeitsplätze für seine Arbeitnehmer einzurichten, künftig von den Arbeitsgerichten mit Leben gefüllt wird.
Spannend ist insbesondere die Frage, was unter zwingenden betriebsbedingten Gründen zu verstehen ist und wie die Arbeitsgerichte diesen unbestimmten Rechtsbegriff auslegen werden.
Unsere erste Klage auf Einführung von Home-Office ist unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes bereits vor dem Arbeitsgericht Aachen anhängig.
Wir werden zu gegebener Zeit über den Fall berichten…

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

 

 

Continental in Aachen: Werk schließt ein Jahr später als geplant

Die Unternehmensführung von Continental hat beschlossen, dass die zum 31.12.2021 geplante Werkschließung um ein Jahr hinausgeschoben wird.
Wir haben im letzten Jahr hierüber berichtet. https://rechtsanwalt-offermann.de/continental-schliesst-werk-in-aachen/

Das Unternehmen nimmt man offenbar Abstand von der zum Ende des laufenden Jahres beabsichtigten Betriebsstilllegung und hat mit dem Betriebsrat und der IG BCE eine Betriebsvereinbarung geschlossen.
Der Produktionsbetrieb in Aachen wird laut Continental Ende 2022 geschlossen.
Die ausgehandelte Betriebsvereinbarung beinhaltet unter anderem einen Interessenausgleich, einen Sozialplan, ein Freiwilligenprogramm sowie zwei ergänzende Haustarifverträge.
Im Sozialplan sind Abfindungszahlungen vorgesehen, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Alter des Betroffenen, den Unterhaltsverpflichtungen sowie weiteren persönlichen Merkmalen richtet.
Betriebsbedingte Kündigung sollen laut Gewerkschaft und Betriebsrat möglichst vermieden.
Die Belegschaft wurde in einer Betriebsversammlung am 27.04.2021 unterrichtet.
Wir beraten Sie gerne, was der Sozialplan für Sie individuell bedeutet und welche Abfindung Sie zu erwarten haben.

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

 

Verfällt Urlaub bei Langzeiterkrankten nach 15 Monaten? – EuGH entscheidet in Kürze!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird sich in Kürze mit einer Vorlage des Bundesarbeitsgerichts (BAG) befassen.
Das BAG hat dem EuGH am 07.07.2020 eine Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob der Urlaub von langzeiterkrankten Arbeitnehmern entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nach 15 Monaten verfällt.
Der EuGH hat bereits am 22.11.2011 (-C 214/20-[KHS]) entschieden, dass Urlaubsansprüche bei lang anhaltender Erkrankung 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres erlöschen.
Nach einer neueren Entscheidung des EuGH ( 06.11.2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]) dem sich der 9. Senat des BAG bereits am 19.02.2019 angeschlossen hat, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres oder zum 31.03. des Folgejahres nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Vorfeld konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat – wir hatten bereits über diese Entscheidung berichtet – https://rechtsanwalt-offermann.de/revolutionaeres-urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-zum-urlaubsrecht-in-deutschland/

Nun wird der EuGH entscheiden, ob er an seiner Rechtsprechung festhält, dass der Urlaub bei Langzeiterkrankten wie bisher auch dann entfällt, wenn die Belehrung des Arbeitgebers über den Verfall des Urlaubs unterbleibt.

Die Entscheidung hat eine weitreichende Bedeutung und praktische Relevanz sowohl aus Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmersicht.
Häufig kommt es aufgrund von Langzeiterkrankungen zu krankheitsbedingten Kündigungen und es stellt sich die Frage, in welchem Umfang nicht genommener Urlaub finanziell abzugelten ist.
Die Entscheidung aus Luxemburg wird nun mit Spannung erwartet – wir werden berichten.

gez.
Oliver Offermann

Continental schließt Werk in Aachen

Der Aufsichtsrat der Continental AG hat am 30.09.2020 beschlossen, dass das Produktionswerk in Aachen Ende 2021 geschlossen werden soll.
Uns liegt darüber ein internes Dokument vor, wonach befristete Verträge nicht mehr und nur noch in Ausnahmefällen verlängert werden sollen.
Es sind zudem betriebsbedingte Kündigungen zu erwarten.
Sollten Sie als Arbeitnehmer betroffen sein, empfehlen wir, sich schnellstmöglich an einen Anwalt für Arbeitsrecht zu wenden, um eine möglichst hohe Abfindung zu erhalten.
Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite!

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

ESW-Röhrenwerke schließt zum 31.03.2020 seine Tore

Die Unternehmensführung des Eschweiler Traditionsunternehmens ESW-Röhrenwerke hat eine vollständige Schließung des Betriebs zum 31.03.2020 beschlossen.

Es wurde ein Sozialplan mit dem Betriebsrat ausgearbeitet. Demnach soll den Arbeitnehmern angeboten werden, sich einer Transfergesellschaft anzuschließen oder einen individuellen Aufhebungsvertrag, der gegebenenfalls eine Abfindung vorsieht, zu schließen. Bis zum 03.04.2020 um 11 Uhr sollen sich die Arbeitnehmer entscheiden.

Die schriftlichen Unterlagen sollen die Arbeitnehmer im Laufe des Tages per Kurier erhalten.

Bevor Sie sich entscheiden, sollten Sie einen juristischen Rat einholen. Wir stehen Ihnen gerne kurzfristig mit Rat und Tat zur Seite.

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

 

 

Arbeitsgericht Aachen erklärt Abrechnungspraxis der Firma Bonback für rechtswidrig

Das Arbeitsgericht Aachen hat heute ein weitreichendes Urteil gesprochen, das nahezu allen Mitarbeitern der Firma Bonback aus Übach-Palenberg zugutekommt (Az.3 Ca 3197/17).

Das Unternehmen Bonback gewährte seinen Arbeitnehmern bis zum Jahre 2017 bei einem Arbeitseinsatz an einem gesetzlichen Feiertag zusätzlich zu dem tariflichen Bonus eine Zeitgutschrift in Höhe der geleisteten Stunden.

Im Februar 2017 teilte Bonback seinen Mitarbeitern per Aushang mit, dass man die Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto bei einem Feiertagseinsatz bis dato irrtümlich gewährt habe und es ab sofort keine Zeitgutschriften mehr gäbe.

Das Arbeitsgericht Aachen hat nun entschieden, dass sämtliche Arbeitnehmer des Betriebs, die ab 2014 bei Feiertagseinsätzen Zeitgutschriften erhalten, auch weiterhin einen Rechtsanspruch auf Gewährung der Zeitgutschriften haben. Ein etwaiger Irrtum des Arbeitgebers sei unbeachtlich.

Das Arbeitsgericht konstatiert, dass den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertragliche Ansprüche aufgrund so genannter betrieblicher Übung zuständen. Der Arbeitgeber kann diese kraft betrieblicher Übung entstandenen Rechtsansprüche seiner Mitarbeiter nicht einseitig zum Erlöschen bringen.

De facto bedeutet dies, dass die Abrechnungspraxis der Firma Bonback, ihren Arbeitnehmern ab Februar 2017 keine Zeitgutschriften mehr zu gewähren, nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Aachen ganz eindeutig rechtswidrig ist.

Es sind jedoch tarifliche Ausschlussfristen zu beachten, wonach Ansprüche binnen 3 Monaten nach ihrer Entstehung schriftlich bei dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen – andernfalls verfallen die Ansprüche auf Zeitgutschriften.

Für die betroffenen Arbeitnehmer ist daher Eile geboten; ihnen ist dringend anzuraten, ihre Ansprüche auf Zeitgutschrift schriftlich bei der Firma Bonback einzufordern.

UPDATE: 

Die Firma Bonback hat Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Köln eingelegt, so dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist!

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Revolutionäres Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Urlaubsrecht in Deutschland!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 06.11.2018 entschieden, dass ein Arbeitnehmer seinen Urlaub im laufenden Kalenderjahr nicht beantragen muss, um einen Verfall seiner Urlaubsansprüche zum Jahresende zu verhindern.

Bislang sah es die Rechtslage in Deutschland vor, dass ein Arbeitnehmer seinen Urlaub zwingend im laufenden Kalender beim Arbeitgeber beantragen musste. Andernfalls verfiel der Urlaub mit Schluss des Jahres. Der EuGH hat nun entschieden, dass dies nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

Der Arbeitnehmer verliert seinen Urlaubsanspruch nur dann, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann dass der Arbeitnehmer freiwillig und in Kenntnis des drohenden Verfalls darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu beanspruchen und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch faktisch die Möglichkeit eingeräumt hat, seinen Urlaub zu „nehmen“. Dieses Urteil des EuGH hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechtspraxis in Deutschland.

Zukünftig wird ein Arbeitnehmer auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen finanziellen Ausgleich für nicht gewährten Urlaub beanspruchen können.

 

gez.

Oliver Offermann

Rechtsanwalt

Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Kündigungsfristen in Formulararbeitsverträgen

Das BAG hat am vor kurzem entschieden, dass eine Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist des Arbeitnehmers in Formulararbeitsverträgen eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt und die Klausel damit unwirksam ist.
Dies gilt auch, wenn der Arbeitsvertrag auch eine entsprechende Verlängerung der Kündigungsfristen für den Arbeitgeber vorsieht.
Nach Ansicht des BAG liegt durch die Verlängerung der Kündigungsfristen eine unangemessene Einschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers vor, wenn der Nachteil nicht durch entsprechende Vorteile, z.B. eine Gehaltserhöhung oder Bonuszahlungen, aufgewogen wird.
Im Regelfall wird man zukünftig nur noch ausnahmsweise die gesetzlichen Kündigungsfristen verlängern dürfen.
Hier ist für den Arbeitgeber besondere Vorsicht bei der Ausgestaltung seiner Arbeitsverträge geboten. Für viele Arbeitnehmer bietet sich bei unausgewogenen Kündigungsklauseln die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis selbst frühzeitig ohne Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zu kündigen. siehe BAG, Urteil vom 26.10.2017 – 6 AZR 158/16
gez.
Rechtsanwalt
Oliver Offermann
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Einseitige Reduzierung oder Erhöhung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber

Immer wieder stellt sich im Arbeitsrecht die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers einseitig je nach Arbeitsaufkommen zu reduzieren oder zu erhöhen.

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dazu einseitig nicht berechtigt.

In vielen Arbeitsverträgen findet man jedoch Klauseln, wonach der Arbeit berechtigt ist, die Arbeitszeit einseitig anzupassen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits in einer Entscheidung vom 07.12.2005 festgelegt, dass es dem Arbeitgeber erlaubt ist, die Arbeitszeiten des Arbeitnehmers durch eine Formularklausel im Arbeitsvertrag flexibel zu gestalten.
Demnach gilt für die Erhöhung der Arbeitszeit eine maximale Grenze von 25 % und für die Verringerung der Höchstgrenze von 20 %

Problematisch ist jedoch häufig, dass viele vorformulierte Klauseln im Arbeitsvertrag keine bestimmten Voraussetzungen benennen, unter denen eine Änderung der Arbeitszeiten zulässig sein soll.

Da es sich um so genannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, könnten diese Klauseln eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB darstellen, was die Unwirksamkeit der Klauseln zur Folge hätte.
In diese Richtung geht offenbar eine neuere Entscheidung des LAG Berlin vom 16.10.2014 – 21 Sa 903/14.

Die Rechtsprechung des BAG tendiert demgegenüber offenbar dazu, dass keine expliziten Voraussetzungen genannt werden müssen, um die Arbeitszeit flexibel gestalten zu können.

Sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer beabsichtigen, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten, sollten die oben genannten Höchstgrenzen eingehalten und die Verringerung/Erhöhung der Arbeitszeit vom Arbeitsaufkommen abhängig gemacht werden.

gez. OIiver Offermann Rechtsanwalt

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Arbeitgeber schuldet Arbeitnehmer Verzugspauschale von 40,00 EUR bei verspäteter Lohnzahlung

 

Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 22.11.2016 (12 Sa 524/16) entschieden, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bei einer verpäteten Lohnzahlung zusätzlich zu dem vertraglichen Lohn eine Verzugspauschale in Höhe von 40,00 EUR schuldet.

Dies ergibt sich aus § 288 Abs. 5 BGB, der seit dem 01.07.2016 auf alle Arbeitsverhältnisse im Arbeitsrecht Anwendung findet.

Bis dato war in der Rechtsprechung umstritten, ob der seit 2014 bestehende § 288 Abs. 5 BGG auch im Arbeitsrecht gilt. Das LAG Köln hat diese Streitfrage nun zu Gunsten der Arbeitnehmer entschieden und festgelegt, dass der Arbeitnehmer bei jeder nicht termingerechten Lohnzahlung zusätzlich zu dem Gehalt einen pauschalen Schadensersatz von 40,00 EUR netto verlangen kann!

Bestehen Sie daher als Arbeitnehmer bei einer zu späten Gehalts- oder Lohnzahlung immer darauf, dass Ihnen der Arbeitgeber die Verzugspauschale erstattet.

Der Anspruch kann notfalls mithilfe eines Anwaltes für Arbeitsrecht eingeklagt werden.

gez. RA Offermann

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