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Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Urlaubsrecht – BAG: Urlaubsansprüche unterliegen der Verjährung

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner neueren Urteile zum Urlaubsrecht entschieden, dass Urlaubsansprüche wie andere Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis grundsätzlich der Verjährung unterliegen und hat damit seine Rechtsprechung unter Zugrundelegung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs fortentwickelt (BAG, Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20).

Die Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche beträgt drei Jahre.
Sie beginnt jedoch erst ab dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Arbeitgeber seine Hinweis- und Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Gewährung des Urlaubs erfüllt hat.
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer über dessen konkreten Urlaubsanspruch in Kenntnis und in die Lage versetzen, den Urlaub entsprechend zu nehmen.
Ferner muss der Arbeitgeber auf einen möglichen Verfall nach dem Bundesurlaubsgesetz zum Schluss des jeweiligen Urlaubsjahres bzw. 31.03. des Folgejahres hinweisen.
Tut der Arbeitgeber dies nicht, verfällt und verjährt der Urlaub nicht, so dass Resturlaubsansprüche im Grunde genommen ewig geltend gemacht werden können, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist.
Hierüber werden wir in einem weiteren Beitrag berichten.

Haben Sie Fragen zum Urlaubsrecht? Rufen Sie uns an.

Oliver Offermann
Rechtsanwalt

Verfällt Urlaub bei Langzeiterkrankten nach 15 Monaten? – EuGH entscheidet in Kürze!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird sich in Kürze mit einer Vorlage des Bundesarbeitsgerichts (BAG) befassen.
Das BAG hat dem EuGH am 07.07.2020 eine Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob der Urlaub von langzeiterkrankten Arbeitnehmern entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nach 15 Monaten verfällt.
Der EuGH hat bereits am 22.11.2011 (-C 214/20-[KHS]) entschieden, dass Urlaubsansprüche bei lang anhaltender Erkrankung 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres erlöschen.
Nach einer neueren Entscheidung des EuGH ( 06.11.2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]) dem sich der 9. Senat des BAG bereits am 19.02.2019 angeschlossen hat, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres oder zum 31.03. des Folgejahres nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Vorfeld konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat – wir hatten bereits über diese Entscheidung berichtet – https://rechtsanwalt-offermann.de/revolutionaeres-urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-zum-urlaubsrecht-in-deutschland/

Nun wird der EuGH entscheiden, ob er an seiner Rechtsprechung festhält, dass der Urlaub bei Langzeiterkrankten wie bisher auch dann entfällt, wenn die Belehrung des Arbeitgebers über den Verfall des Urlaubs unterbleibt.

Die Entscheidung hat eine weitreichende Bedeutung und praktische Relevanz sowohl aus Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmersicht.
Häufig kommt es aufgrund von Langzeiterkrankungen zu krankheitsbedingten Kündigungen und es stellt sich die Frage, in welchem Umfang nicht genommener Urlaub finanziell abzugelten ist.
Die Entscheidung aus Luxemburg wird nun mit Spannung erwartet – wir werden berichten.

gez.
Oliver Offermann

Continental schließt Werk in Aachen

Der Aufsichtsrat der Continental AG hat am 30.09.2020 beschlossen, dass das Produktionswerk in Aachen Ende 2021 geschlossen werden soll.
Uns liegt darüber ein internes Dokument vor, wonach befristete Verträge nicht mehr und nur noch in Ausnahmefällen verlängert werden sollen.
Es sind zudem betriebsbedingte Kündigungen zu erwarten.
Sollten Sie als Arbeitnehmer betroffen sein, empfehlen wir, sich schnellstmöglich an einen Anwalt für Arbeitsrecht zu wenden, um eine möglichst hohe Abfindung zu erhalten.
Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite!

gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt

Arbeitsgericht Aachen erklärt Abrechnungspraxis der Firma Bonback für rechtswidrig

Das Arbeitsgericht Aachen hat heute ein weitreichendes Urteil gesprochen, das nahezu allen Mitarbeitern der Firma Bonback aus Übach-Palenberg zugutekommt (Az.3 Ca 3197/17).

Das Unternehmen Bonback gewährte seinen Arbeitnehmern bis zum Jahre 2017 bei einem Arbeitseinsatz an einem gesetzlichen Feiertag zusätzlich zu dem tariflichen Bonus eine Zeitgutschrift in Höhe der geleisteten Stunden.

Im Februar 2017 teilte Bonback seinen Mitarbeitern per Aushang mit, dass man die Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto bei einem Feiertagseinsatz bis dato irrtümlich gewährt habe und es ab sofort keine Zeitgutschriften mehr gäbe.

Das Arbeitsgericht Aachen hat nun entschieden, dass sämtliche Arbeitnehmer des Betriebs, die ab 2014 bei Feiertagseinsätzen Zeitgutschriften erhalten, auch weiterhin einen Rechtsanspruch auf Gewährung der Zeitgutschriften haben. Ein etwaiger Irrtum des Arbeitgebers sei unbeachtlich.

Das Arbeitsgericht konstatiert, dass den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertragliche Ansprüche aufgrund so genannter betrieblicher Übung zuständen. Der Arbeitgeber kann diese kraft betrieblicher Übung entstandenen Rechtsansprüche seiner Mitarbeiter nicht einseitig zum Erlöschen bringen.

De facto bedeutet dies, dass die Abrechnungspraxis der Firma Bonback, ihren Arbeitnehmern ab Februar 2017 keine Zeitgutschriften mehr zu gewähren, nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Aachen ganz eindeutig rechtswidrig ist.

Es sind jedoch tarifliche Ausschlussfristen zu beachten, wonach Ansprüche binnen 3 Monaten nach ihrer Entstehung schriftlich bei dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen – andernfalls verfallen die Ansprüche auf Zeitgutschriften.

Für die betroffenen Arbeitnehmer ist daher Eile geboten; ihnen ist dringend anzuraten, ihre Ansprüche auf Zeitgutschrift schriftlich bei der Firma Bonback einzufordern.

UPDATE: 

Die Firma Bonback hat Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Köln eingelegt, so dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist!

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