Neuigkeiten zum Annahmeverzugslohn – Wegweisendes Urteil vor dem Landesarbeitsgericht Köln für Mandanten erstritten
Ganz aktuell haben wir für einen unserer Arbeitnehmermandanten ein bahnbrechendes Urteil vor dem Landesarbeitsgericht Köln erstritten (LAG Köln, Urteil vom 16.01.2025, Az. 6 Sa 633/23).
Der Mandant war etwas mehr als ein Jahr als IT-ler bei einer großen, international agierenden Immobilienmaklergesellschaft beschäftigt. Diese hatte versucht, unserem Mandanten aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen, ist aber krachend in zwei Instanzen gescheitert. Sowohl das Arbeitsgericht Aachen als auch das Landesarbeitsgericht Köln haben die Kündigung des Arbeitgebers für unwirksam erklärt. Betriebsbedingte Gründe lagen nicht vor. Die Kündigung sei willkürlich erfolgt – so das LAG Köln.
Die Besonderheit des Falles war, dass unserem Mandanten für mehr als ein ganzes Jahr lang nach dem beabsichtigten Kündigungsdatum seine vertragliche Vergütung durch das LAG Köln zugesprochen wurde.
Hierbei handelt es sich um den so genannten Annahmeverzugslohn. Rechtlich argumentieren viele Arbeitgeber in Konstellationen wie der vorliegenden – und berufen sich in diesem Zusammenhang auf die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) -, der gegen die Kündigung klagende Arbeitnehmer hätte sich um eine neue Arbeitsstelle bemühen müssen. Er hätte „anderweitigen Verdienst böswilligen unterlassen“.
Gemäß § 11 Nr. 2 KSchG muss sich ein Arbeitnehmer auf die Vergütung, die ihm der kündigende Arbeitgeber für die Zeit nach der Kündigung schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen.
Böswillig i. S. d. § 11 Nr. 2 KSchG ist eine Unterlassung, wenn dem Arbeitnehmer vorgeworfen werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt und eine ihm nach Treu und Glauben unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl nach Art. 12 GG zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert. Maßgebend sind dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls.
Dieser Rechtsansicht des Arbeitgebers hat das LAG Köln in dem zitierten Urteil eine klare Absage erteilt. Es konstatiert unter anderem, dass die Kündigung willkürlich und damit rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Es sei dem rechtsuntreuen Arbeitgeber verwehrt sei, dem Arbeitnehmer Böswilligkeit zum Vorwurf zu machen.
Hinzu kam vorliegend, dass wir für den Mandanten in erster Instanz einen Weiterbeschäftigungstitel vor dem Arbeitsgericht Aachen gegen den Arbeitgeber erstritten hatten, den dieser schlichtweg ignoriert hatte.
Das Urteil ist insofern von entscheidender Bedeutung, als andere Landesarbeitsgerichte, dem Arbeitnehmer weitreichendere Verpflichtungen in Bezug auf die Aufnahme einer neuen Tätigkeit aufbürden.
Sollten Sie sich als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer in einer ähnlichen Situation befinden, stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
gez.
Oliver Offermann
Rechtsanwalt